Strukturgefärbte Flavobakterien

Strukturfarben in der Natur

Strukturfarben in Bakterien

Strukturfarben in der Natur haben wegen ihrer Fähigkeit, ohne den Einsatz von Pigmenten lebhafte und schillernde Farben zu erzeugen, große Aufmerksamkeit erregt. Dieses Phänomen wird durch die Wechselwirkung von Licht mit Nanostrukturen in Organismen hervorgerufen, was zu einer selektiven Reflexion bestimmter sichtbarer Wellenlängen führt. Während Strukturfarben bei eukaryotischen Organismen wie Schmetterlingen, Vögeln und Meerestieren gut untersucht sind, sind sie bei Prokaryoten noch weitgehend unerforscht, obwohl die Genetik der eukaryotischen Strukturfärbung kaum zugänglich ist. Wir konzentrieren uns auf eine marine Bakterienart, Flavobacterium, die Kolonien mit auffallend schillernden Farben bildet. Diese Farben werden auf die hoch geordnete, dreidimensionale Anordnung der stäbchenförmigen Bakterienzellen innerhalb der Kolonie zurückgeführt, die wie ein lebender photonischer Kristall wirkt. Die periodische Struktur mit einer Gitterkonstante in der Größenordnung der Wellenlänge des sichtbaren Lichts führt zu den winkelabhängigen, irisierenden Farbtönen.

Unsere interdisziplinäre Forschung zielt darauf ab, Inspiration aus der Natur mit Mikrobiologie, Biophysik, Optik und Materialwissenschaften zu verbinden. Durch die Kombination von fortgeschrittenen optischen Charakterisierungstechniken, Gentechnik und innovativen Herstellungsmethoden versuchen wir, die Mechanismen zu entschlüsseln, die der Selbstorganisation von strukturellen, farbbildenden Bakterien und ihren optischen Eigenschaften zugrunde liegen, und eine neue Klasse von biobasierten photonischen Materialien zu entwickeln, deren Anwendungen von nachhaltigen Pigmenten bis zu adaptiven Beschichtungen und Sensoren reichen.

Unsere Forschung konzentriert sich auf die folgenden Themen:

  1. Mechanismen der Strukturfarbbildung in Mikroorganismen. Wir entwickeln Multiskalen-Charakterisierungsmethoden, um die vielfältigen Phänomene zu untersuchen, die auf der Längenskala des einzelnen Bakteriums und der Kolonie beobachtet werden. Durch die Kombination korrelativer Mikroskopietechniken wie Goniospektrophotometrie, Mikrospektroskopie, konfokale Mikroskopie, quantitatives Phasenimaging und tomographische Verfahren wollen wir die Beziehung zwischen mikroskopischer bakterieller Organisation und makroskopischen optischen Eigenschaften aufklären.
  2. Selbstorganisation von Flavobacterium im Confinement. Wir untersuchen die Strukturbildung und Dynamik kollektiver bakterieller Aktivität in verschiedenen Geometrien, von der 2D-Oberfläche bis zum 3D-Confinement. In Zusammenarbeit mit Mikrobiologen, Bioinformatikern und Theoretikern untersuchen wir das Zusammenspiel von bakterieller Motilität, Zell-Zell-Interaktionen und geometrischen Einschränkungen, um die Bakterienkolonie in Richtung gewünschter Nanostrukturen und optischer Eigenschaften zu regulieren.
  3. Nachhaltige und lebende Materialien auf der Basis von Bakterien. Aufbauend auf den oben genannten grundlegenden Erkenntnissen nutzen wir modernste Herstellungsmethoden wie 3D-Bioprinting und komplexe Emulsionen, um struktur-gefärbte Bakterienkolonien in nachhaltige optische Materialien zu überführen. Dazu gehören permanente Farbfilme auf Bakterienbasis und photonische Pigmente. Darüber hinaus entwickeln wir lebende Materialien mit programmierbarem Wachstum, autonomer Anpassung und Regeneration. 

Strukturfarbe bei Tieren

Strukturfarben kommen in allen Organismenreichen vor, von Einzellern über Pflanzen bis hin zu einer Vielzahl von Tieren. Obwohl bekannt ist, dass Meeresschnecken zu den auffälligsten Tieren in der marinen Umwelt gehören, gibt es nur wenige Studien über die strukturellen Ursprünge der Färbung von Meeresschnecken. In unserer Abteilung untersuchen wir eine Reihe von Meeresschnecken aus verschiedenen Kladen, um die unterschiedlichen photonischen Strukturen aufzuklären, die von Meeresschnecken zur Erzeugung von Farbe verwendet werden. Insbesondere setzen wir Elektronen- und Lichtmikroskopie ein, um neuartige photonische Strukturen in verschiedenen Arten abzubilden und zu verstehen, wie sie in der Lage sind, aus diesen Strukturen spezifische und brillante Farben zu erzeugen.  Neben der Entdeckung neuartiger photonischer Architekturen interessieren wir uns auch für die Biogenese und die funktionelle Bedeutung von Farbe. Zu diesem Zweck bilden wir die Farbe während ihrer Entstehung ab und kartieren die verschiedenen Stoffwege im Körper der Tiere mit einer Reihe von tomographischen Techniken und konfokaler Mikroskopie. Meeresschnecken sind einzigartig in der Tierwelt, wenn es um Farbe geht, da sie normalerweise Chloroplasten oder schädliche Chemikalien von ihrer Beute assimilieren und in ihren eigenen Körper integrieren. Wir sind besonders daran interessiert, wie sich die Strukturfärbung parallel zu diesen Prozessen entwickelt haben könnte.

Strukturfarbe in Pflanzen

Farbe hat in der Natur vielfältige Funktionen. Bei Pflanzen spielt sie eine Rolle bei der Optimierung der Lichtabsorption für die Photosynthese, als Lichtschutz oder bei der Kommunikation mit Tieren, um sie anzulocken oder abzuschrecken. Die Funktion der Farbe und die Art und Weise, wie sie erzeugt wird, kann nicht nur von Art zu Art, sondern auch innerhalb verschiedener Strukturen einer Pflanze variieren. Aufgrund der unterschiedlichen Funktionen, die Farbe in Pflanzen erfüllt, gibt es auch eine Vielzahl von Mechanismen, die zu ihrer Erzeugung entwickelt wurden und die jeweils an die spezifische Funktion angepasst sind. In der Abteilung Nachhaltige und Bio-inspirierte Materialien untersuchen wir das Auftreten von Strukturfärbung in einer Vielzahl von Pflanzen. Unsere Forschung konzentriert sich auf die Analyse der Eigenschaften dieser photonischen Strukturen und die Erforschung ihrer evolutionären Entwicklung im Pflanzenreich.

Farbe hat in der Natur vielfältige Funktionen. Bei Pflanzen spielt sie eine Rolle bei der Optimierung der Lichtabsorption für die Photosynthese, als Lichtschutz oder bei der Kommunikation mit Tieren, um sie anzulocken oder abzuschrecken. Die Funktion der Farbe und die Art und Weise, wie sie erzeugt wird, kann nicht nur von Art zu Art, sondern auch innerhalb verschiedener Strukturen einer Pflanze variieren. Aufgrund der unterschiedlichen Funktionen, die Farbe in Pflanzen erfüllt, gibt es auch eine Vielzahl von Mechanismen, die zu ihrer Erzeugung entwickelt wurden und die jeweils an die spezifische Funktion angepasst sind. In der Abteilung Nachhaltige und Bio-inspirierte Materialien untersuchen wir das Auftreten von Strukturfarben in einer Vielzahl von Pflanzen. Unsere Forschung konzentriert sich auf die Analyse der Eigenschaften dieser photonischen Strukturen und die Erforschung ihrer evolutionären Entwicklung im Pflanzenreich.

Blätter produzieren Farbe aus ganz anderen Gründen als Blüten. Sie sind oft auf photonische Strukturen angewiesen, um sich vor Licht zu schützen. Kurzwelliges Licht wie UV- und Blaulicht kann das photosynthetische Gewebe in den Blättern schädigen. Viele Pflanzen, die an schattigen Standorten gedeihen, sind nicht gut an direktes Sonnenlicht angepasst. Aber auch in relativ schattigen Habitaten können sie manchmal intensivem Licht ausgesetzt sein. Beispielsweise sind Pflanzen, die im Unterholz von Wäldern wachsen, an wenig Licht angepasst, aber gelegentlich dringt Sonnenlicht durch das Blätterdach. Um damit zurechtzukommen, haben diese Pflanzen Mechanismen entwickelt, um kurzwelliges Licht zu reflektieren. Pflanzen wie Microsorum thailandicum bilden schraubenförmige, mehrschichtige Strukturen, die Licht im UV- und blauen Bereich reflektieren (Steiner et al., 2018).

Im Gegensatz zu Blättern, die photoprotektive Strukturen nutzen, um kurzwelliges Licht zu reflektieren - was oft zu einem blauen Erscheinungsbild führt - haben die Blätter von Tradescantia pallida einen goldenen Schimmer. Diese langwellige Reflexion wird durch eine ungeordnete Anordnung von Wachsplättchen auf den Blättern verursacht, deren Funktion noch unklar ist (van de Kerkhof et al., 2020).

Oben haben wir unsere Untersuchungen zur Strukturfarbe von Blüten und Blättern hervorgehoben. Unsere Forschung erstreckt sich jedoch über das gesamte Pflanzenreich. So untersuchen wir beispielsweise das Auftreten und die Entwicklung von Strukturfarben in Früchten von Landpflanzen und erforschen photonische Strukturen in Algen (Chandler et al., 2015).

Neben der Analyse der optischen Eigenschaften photonischer Strukturen in Pflanzen konzentrieren wir uns auch auf die Bestimmung ihrer chemischen Zusammensetzung. Zellwandstrukturen wie in Microsorum bestehen typischerweise aus Cellulose, aber auch andere Pflanzen können unterschiedliche Cellulosezusammensetzungen aufweisen. Durch die Kombination von chemischen Extraktionsmethoden mit bildgebenden Verfahren können wir die chemische Zusammensetzung dieser beobachteten photonischen Strukturen aufklären.

Strukturfarbe in Früchten

Strukturfarbe ist auch bei Früchten weit verbreitet, wo eindimensionale periodische Reflektoren eine helle Färbung verursachen. Beispielsweise wird das metallische Aussehen von Pollia (Vignolini et al., 2012) und Margaritaria (Vignolini et al., 2016) durch die helikoidale Anordnung der Cellulosefasern in der Zellwand erzeugt: Die Periodizität ist so, dass blaue und grüne Farbtöne von jeder Zelle reflektiert werden, was der Frucht eine „punktförmige“ Strukturfärbung verleiht.

Andere Früchte, darunter Viburnum (Middleton et al., 2020) und Lantana (Sinnott-Armstrong et al., 2022), bilden mit Hilfe von Lipiden in ihrer Kutikula einen mehrschichtigen Reflektor. Die reflektierten UV- und Blautöne dienen einem kommunikativen Zweck: Die Färbung signalisiert einen hohen Nährstoffgehalt und lockt Tiere zur Samenverbreitung an. Im Gegensatz dazu sind Früchte wie Pollia nährstoffarm und imitieren die Färbung anderer Früchte, um Pflanzenfresser anzulocken. Aus diesem Grund werden sie auch als „täuschend“ gefärbte Früchte bezeichnet.

Neben der Analyse der optischen Eigenschaften photonischer Strukturen in Pflanzen und Früchten konzentrieren wir uns auch auf die Bestimmung ihrer chemischen Zusammensetzung. Strukturen in Zellwänden, wie z.B. in Microsorum, bestehen typischerweise aus Cellulose, aber andere Pflanzen können unterschiedliche Zusammensetzungen aufweisen. Durch die Kombination von chemischen Extraktionsmethoden mit bildgebenden Verfahren können wir die chemische Zusammensetzung dieser beobachteten photonischen Strukturen aufklären (Middleton et al., 2020).

Strukturfarbe in Algen

Nach einigen Jahrzehnten ist die Strukturfärbung bei Landpflanzen besser verstanden und interdisziplinär erforscht. Im Gegensatz dazu ist das Wissen über photonische Strukturen bei Meeresalgen noch sehr lückenhaft. Obwohl seit dem 19. Jahrhundert über die Beobachtung einiger schillernder Meeresalgen berichtet wird, wurde das Phänomen jahrzehntelang nur als taxonomisches Merkmal behandelt. Bisher wurden photonische Strukturen bei Diatomeen (einer Gruppe von Mikroalgen) sowie bei Braun- und Rotalgen beobachtet (Chandler et al., 2017). Bei Meeresalgen wird die Strukturfarbe sowohl durch intra- als auch extrazelluläre Strukturen hervorgerufen. Beispielsweise besitzen einige Braun- und Rotalgen intrazelluläre Vesikel, die hochgeordnete dreidimensionale Strukturen enthalten. Aufgrund ihrer charakteristischen Form und ihres winkelabhängigen optischen Erscheinungsbildes wurden sie historisch als „irisierende Körper“ bezeichnet. Obwohl sie in mehreren Ordnungen sowohl bei Braun- als auch bei Rotalgen dokumentiert sind, ist über ihre Funktion wenig bekannt. Einige Rotalgen, wie Chondrus crispus, besitzen eine mehrschichtige Kutikula, die selektiv UV- und blaues Licht reflektiert und so möglicherweise die inneren Organellen vor Licht schützt (Chandler et al., 2015; Fleitas et al., 2024).

In unserer Abteilung wollen wir verstehen, wie verbreitet dieses Phänomen in verschiedenen Ordnungen und Gruppen von Algen ist und welche Rolle es für das Lichtmanagement im Organismus spielt. Wie bei anderen Struktur-gefärbten Organismen sind verschiedene Mikroskopietechniken, von der Lichtmikroskopie bis zur Elektronenmikroskopie, von zentraler Bedeutung für die Untersuchung dieser Strukturen.

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