Natur trifft Werkstoff

Neues DFG-Schwerpunktprogramm untersucht die Bauprinzipien und die Herstellung von neuartigen, hierarchisch strukturierten Materialien, die auf natürlichen Vorbildern basieren. Im ersten Projektzeitraum von zwei Jahren befassen sich 13 verschiedene Projekte mit der Entwicklung von Hochleistungsmaterialien, die von Insektenhaaren, Nussschalen oder Pflanzenkörpern inspiriert sind, so z.B. den Entfaltungsmechanismen in den Kapseln der Mittagsblumengewächse.

22. Juli 2009

Natürliche Materialien sind aus ganz wenigen Bausteinen zusammengesetzt. Dennoch besitzen sie eine große Vielfalt an Mikrostrukturen. Die Natur benötigt nur eine geringe Anzahl an „Zutaten“ um Verbundmaterialien wie Perlmutt oder
Zähne zu kreieren, die herausragende Materialeigenschaften besitzen wie z.B. eine hohe Bruchfestigkeit. Bei künstlichen Materialien ist dies genau umgekehrt: Es gibt meist nur eine begrenzte Zahl an hierarchischen Ebenen, aber eine ungeheure Fülle an potentiellen Werkstoffen, die miteinander kombiniert werden können.

Das neu eingerichtete Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) beschäftigt sich mit den Bauprinzipien und der Herstellung von neuartigen Materialien, die genau diese Prinzipien vereinen – die Verknüpfung verschiedener hierarchischer Ebenen mit industriellen Werkstoffen. Langfristig sollen auf diese Weise Materialien mit bisher nicht bekannten Eigenschaftskombinationen entwickelt werden.

So werden in einem der Projekte (Kooperation zwischen TU Dresden und Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung) Mechanismen erforscht, die es den Samenkapseln der Mittagsblumengewächse ermöglichen, sich auf beeindruckende Weise bei Benetzung durch Regentropfen zu entfalten. Die Bewegung erfolgt aufgrund der Feuchtigkeitsänderungen in den Zellwänden und wird über die Architektur der steifen Zellulosefibrillen ausgeführt, welche in eine quellfähige Matrix eingebettet sind. Da es sich um totes Gewebe handelt, wird die antreibende Bewegung erstaunlicherweise ohne einen aktiven Stoffwechsel umgesetzt. „Diese natürlichen Konzepte auf das Design von biomimetischen Materialien zu übertragen und dabei die zugrundeliegenden Prinzipien auf z.B. aktive Gele und ihr Schwellverhalten anzuwenden, ist ungeheuer faszinierend, da wir auf diese Weise Umformungen auf der Nanometerebene in eine sichtbare Bewegung transponieren.“ sagt Dr. Ingo Burgert, einer der beteiligten Wissenschaftler.

Im Rahmen von 13 verschiedenen Projekten, an denen mehr als 10 Universitäten sowie Max Planck Institute beteiligt sind, werden - inspiriert von der Natur - Ideen für das Design, die Simulation und die Herstellung einer neuen Generation
von hierarchischen Materialien mit ungewöhnlichen Eigenschaften entwickelt. Deutschlandweit werden die Projekte mit einem Gesamtvolumen von bis zu 12 Mio. EUR über einen Zeitraum von sechs Jahren gefördert. Weitere Informationen zu den Projekten und den beteiligten Wissenschaftlern befindensich auf der Web-Seite des Schwerpunktprogramms SPP 1420:
http://spp1420.mpikg.mpg.de.

DFG Schwerpunktprogramme
Auf seiner Frühjahrssitzung in Bonn hat der Senat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) insgesamt 18 neue Schwerpunktprogramme (SPP) eingerichtet. Die neuen SPPs stammen aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen. Ein Schwerpunktprogramm der DFG wird in der Regel für die Dauer von sechs Jahren gefördert. Das jetzt eingerichtete Programm "Biomimetic Materials Research: Functionality by Hierarchical Structuring of Materials " hat seit Juni 2009 die Arbeit aufgenommen. Sprecher des Programms ist Prof. Peter Fratzl, MPI für Kolloid- und Grenzflächenforschung, Potsdam-Golm.

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