Forschung

In vielen Bereichen des Lebens spielen Kohlenhydrate eine wichtige Rolle, wie zum Beispiel bei der Erkennung von Immunzellen, der Steuerung von Entwicklungsprozessen, der Aktivität von Hormonen, der Organisation von Geweben und der Metastasenbildung bei der Tumorentwicklung. Dabei wird häufig die Struktur der Kohlenhydrate erst durch die Erkennung und Wechselwirkung mit Proteinen in eine biologische Funktion umgesetzt. Deshalb muss die Untersuchung einer Struktur-Wirkungsbeziehung von Kohlenhydraten auf atomarer Ebene in einen biologisch relevanten Kontext gesetzt werden. Wir benutzen biophysikalische Methoden, wie zum Beispiel die Kernspinresonanzspektroskopie (NMR), zusammen mit Computer-gestützten Verfahren, um Kohlenhydrat-Protein Wechselwirkungen besser zu verstehen. Mit diesen Ergebnissen werden anschließend Substanzen entwickelt, die eine Aufschlüsselung der biologischen Funktion der Kohlenhydrate ermöglicht.

Allerdings ist die Interaktion von Kohlenhydraten mit ihren Rezeptorproteinen (Lektine) häufig nicht nur sehr schwach, sondern auch wenig spezifisch. Natürliche vorkommende Kohlenhydrate binden meist an mehrere Lektine. Ebenso erkennen Lektine meist auch mehr als ein Kohlenhydrat. Dieses Phänomen ist das Ergebnis des sogenannten „Red Queen Effects“, einer Erkenntnis aus der Evolutionstheorie zur Beschreibung der Koevolution von Komponenten eines biologischen Systems (Varki A., Cell, 2006, 126(5), 841-5). Aufbauend auf Kohlenhydraten als Grundgerüst können jedoch spezifische Liganden für Lektine entwickelt werden. Diese kommen dann zum Einsatz zur Untersuchung von Fragenstellungen der Glykobiologie und zur Entwicklung von Kohlenhydrat-basierten Wirkstoffen (Wamhoff et al. 2016). 

Um dies zu erreichen, benutzen wir NMR-Spektroskopie, die sich als Methode besonders eignet die schwachen Wechselwirkungen von Kohlenhydraten und ihren Rezeptoren zu untersuchen. Darüber hinaus bietet sie mit einer breiten Palette von Techniken die Möglichkeit, Substanzen zu entwickeln, um glykobiologische Fragestellungen zu beantworten. Die saturation transfer difference (STD) NMR, zusammen mit dem transferred nuclear Overhauser Effekt (trNOE), sind zwei Beispiele mit denen man atomare Informationen über die Wechselwirkung von Rezeptoren und deren Liganden erlangen kann. Ebenso werden Methoden der Oberflächenplasmonenresonanz- (SPR) und der NMR-Spektroskopie angewendet, um aus Substanz-Bibliotheken aktive Verbindungen zu identifizieren.

In Besondere verfolgen wir hier das sogenannte Fragment-basierte Wirkstoffforschung. Dabei werden niedermolekulare, heterozyklische Verbindungen mittels NMR und SPR, sowie neuartiger chemical fragment arrays gescreened (Aretz et al. 2016a). Aktive Verbindungen werden identifiziert und in höher affinere Substanzen weiterentwickelt (Aretz et al. 2016b).  Komplementär zu diesen Vorgehensweisen werden Computer-gestützten Verfahren, wie zum Beispiel das virtuelle Screening und das molecular modelling, eingesetzt (Aretz et al. 2014). 

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Wir bedanken uns für die Förderung durch:

Emmy-Noether Programm (DFG, Deutsche Forschungsgemeinschaft)

Sonderforschungsbereich 765 (DFG, Deutsche Forschungsgemeinschaft)

Verband der Chemischen Industrie e.V.

Max-Planck-Gesellschaft

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