Kleine Tropfen, große Wirkung:
Dr. Lukas Zeininger erhält Zsigmondy-Preis für die Erforschung intelligenter Emulsionstropfen

 

30. Oktober 2024

Mit dem Nachwuchspreis würdigt die Deutsche Kolloidgesellschaft Dr. Lukas Zeininger für seine Forschung zur Vorhersage und Steuerung des Verhaltens weicher Materie außerhalb des thermodynamischen Gleichgewichts sowie zur Entwicklung von Designprinzipien für intelligente Materialien mit der Fähigkeit zur Echtzeitreaktion auf äußere Reize.
 

Stellen wir uns vor, wir nehmen einen Löffel Öl und versuchen, ihn mit Wasser zu mischen. Selbst bei kräftigem Umrühren scheidet sich das Öl schnell wieder ab und steigt an die Oberfläche – ein anschauliches Beispiel für die natürliche Tendenz von Systemen, ein Gleichgewicht anzustreben.

Doch was wäre, wenn wir diese Neigung der Öltröpfchen, sich zu verbinden und sich vom Wasser abzutrennen, gezielt kontrollieren und nutzen könnten?

Diese Frage treibt die Forschung von Dr. Lukas Zeininger in der Abteilung Kolloidchemie an. Er untersucht Systeme, die sich dem natürlichen Drang hin zum Gleichgewicht widerstehen, um künstliche, intelligente Materialien zu entwickeln, die – ähnlich wie lebende Materie – in ständigem Fluss sind. Solche Materialien können autonom auf ihre Umgebung reagieren und haben Potenzial für Anwendungen in der Medikamentenverabreichung, Katalyse, Sensorik und Soft-Robotik. Für seine Forschungsleistungen, die die adaptiven Fähigkeiten von Tröpfchen praktisch nutzbar zu machen, wurde Zeininger von der Deutschen Kolloidgesellschaft mit dem, nach dem Nobelpreisträger Richard A. Zsigmondy benannten Preis, ausgezeichnet.

Betrachten wir unsere ursprüngliche Öl-in-Wasser-Emulsion: Bleibt sie ungestört, so verschwinden kleine Tröpfchen, größere Tröpfchen entstehen, die wiederum verschmelzen, bis sich eine Ölschicht auf dem Wasser bildet. Wie bereits erwähnt, geschieht dies, weil Systeme von Natur aus ein Gleichgewicht anstreben. Doch das Leben widersetzt sich diesem Streben aktiv, lebende Systeme operieren außerhalb des Gleichgewichts. Dies ermöglicht Pflanzen sich am Sonnenlicht zu orientieren, Zellen zu wachsen und sich zu teilen oder dem Immunsystem auf äußere Einflüsse zu reagieren. All diese Prozesse erfordern Energie und Wandel und verdeutlichen, dass Nicht-Gleichgewichtszustände die Anpassungsfähigkeit und Dynamik lebender Systeme erst ermöglichen.

In der Grundlagenforschung erforscht Zeininger die Mechanismen von Nicht-Gleichgewichtssystemen. In lebenden Zellen reagieren zahllose Tröpfchen dynamisch auf Veränderungen von Temperatur, Druck oder chemischen Signalen, um bestimmte Funktionen auszuführen. Zeiningers Team entwickelt synthetische Materialsysteme mit ähnlichen dynamischen Eigenschaften. Hierfür beschichtet er Tröpfchen mit Tensiden, damit sie nicht kollabieren. So können sie beobachten, wie sich die Tröpfchen an wechselnde Umgebungen anpassen - ein Ansatz, der neue Einblicke in die kleinsten Funktionseinheiten des Lebens liefert. In einem Modellversuch erkannten die synthetischen Tröpfchen beispielsweise ein Bakterium und hefteten sich daran, bis es zerstört war.

Doch die Ambitionen der Gruppe gehen über rein biologische Neugier hinaus: Inspiriert von natürlichen Systemen wollen sie Materialien neu definieren. Wir stellen uns Materialien oft statisch vor und erwarten, dass Stahl oder Silikon entsprechend ihrer Konzeption dauerhaft stabil sind. Zeininger und sein Team schaffen die Grundlagen für intelligente Gegenstücke - synthetische adaptive Materialien, die wie biologische Systeme ihre Eigenschaften in Echtzeit modulieren können.
Ausgehend von Beobachtungen an vereinfachten Tröpfchensystemen im Labor prognostiziert sein Team, wie Materialien externe Energiegradienten erkennen und sich entsprechend anpassen können.
Der Zsigmondy-Preis würdigt Zeiningers Beitrag, grundlegende physikalisch-chemische Einsichten über die Bausteine des Lebens physikalisch-chemische Einsichten über die Bausteine des Lebens in innovative Ansätze für nachhaltige und transformative Technologien zu übersetzen..

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