Zucker-Origami – Gefaltete Zuckerstrukturen

Eine neue Entdeckung

Forscherinnen und Forscher am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPIKG) haben ein Kohlenhydrat entworfen, das sich selbst in eine bestimmte Form falten kann. Bisher waren solche selbst faltenden Biopolymere nur für DNA und Eiweiße entwickelt worden und Zucker galten bisher als zu flexibel, um eine stabile Form annehmen zu können. Gefaltete Zucker könnten in der Biomedizin und in der Materialentwicklung völlig neue Perspektiven eröffnen.

Kohlenhydrate machen etwa 80 Prozent der Biomasse auf der Welt aus – die Hälfte an Land und die Hälfte im Meer. Dennoch sind ihre Materialeigenschaften noch recht wenig erforscht. Die Forscherinnen und Forscher um Dr. Martina Delbianco, aus der Abteilung für Biomolekulare Systeme, untersuchen, wie sich Polysaccharide, also lange Zuckerketten, falten und zu Materialien zusammensetzen. So haben sie beispielsweise herausgefunden, wie sich einzelne Glukoseketten zu Fasern vereinigen und dies im Detail untersucht. Auf der Grundlage dieses Wissens entwerfen sie nun nicht-natürliche Kohlenhydrate. Inspiriert ist ihre Arbeit von der Peptidforschung. Nach dem Vorbild natürlicher Eiweiße wurden diese synthetisch so gestaltet, dass sie bestimmte 3D-Formen annehmen und bestimmte Funktionen erfüllen können. Dieser Ansatz eröffnete neue Möglichkeiten, z. B. in der Medikamentenherstellung.


In ihrer jüngsten Veröffentlichung im Fachjournal Nature Chemistry haben Dr. Delbianco und ihr Team gezeigt, dass es möglich ist, Zucker zu entwickeln, die in wässriger Lösung eine bestimmte stabile Anordnung annehmen. Sie verknüpften natürliche Zuckermotive miteinander und erzeugten eine Form, die in der Natur nicht vorkommt: eine Haarnadel. In einem Lego-ähnlichen Ansatz verbanden sie zwei lineare Zellulosestäbe (in blau) mit einer starren Glykanwindung (in grün), um eine neue, nicht natürliche Form zu erhalten. „Kohlenhydrate können so programmiert werden, was die Möglichkeit eröffnet, Glykane mit neuen Eigenschaften und Funktionen auszustatten,“ sagt Dr. Martina Delbianco. Die Struktur wurde mit Hilfe eines „Zuckersyntheseautomaten“, der einzelne Zuckerbausteine miteinander verbindet, um maßgeschneiderte Polymere zu erzeugen. Um deren 3-D-Struktur aufzudecken, setzte die Arbeitsgruppe eine Vielzahl von Analysetechniken ein. Darüber hinaus haben internationale Wissenschaftler, wie Prof. Jesús Jiménez-Barbero vom CIC BioGUNE mit Dr. Martina Delbianco zusammengearbeitet: "Die 3-D-Struktur eines Biomoleküls bestimmt seine Funktion. In Zukunft könnten wir gefaltete Zucker als Medikamente, Katalysatoren für chemische Umwandlungen oder Struktureinheiten für die Herstellung von Nanomaterialien verwenden."

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