Wie aus frittiertem Abfall nachhaltiges Plastik wird
 

16. Dezember 2024

Die Forschenden des Projekts „FatLoop“ nutzen Fettsäuren aus entsorgten Speiseölen, um Kunststoffabfälle in funktionale Materialien umzuwandeln. Das Forschungsteam ist am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPIKG) und dem Center for the Transformation of Chemistry (CTC) angesiedelt. Unter der Leitung von Dr. Manuel Häußler zielt „FatLoop“ darauf ab, die Grundlage für eine Zukunft jenseits herkömmlicher Kunststoffe zu schaffen. Langfristiges Ziel ist, vollständig recycelbare und nachhaltige Materialien zu entwickeln, die eine ähnliche Vielseitigkeit wie konventionelle Kunststoffe haben – ohne dabei die Umwelt zu belasten. Das Projekt wird mit rund 2 Millionen Euro vom Bundesforschungsministerium gefördert.
 

IN KÜRZE:

  • Schlüsselinnovation: Fettsäuren aus entsorgten Speiseölen werden genutzt, um die molekulare Struktur von Kunststoffabfällen zu verbessern
  • Anwendungen: Upcycling von Polyethylen (PE) zu 3D-druckbaren Filamenten für Laborausstattung sowie für Filter, mit denen Lithium aus Tiefenwasservorkommen in Europa gewonnen werden kann
  • Langfristige Vision: Nachhaltige und vollständig recycelbare Kunststoffe mithilfe von Fettsäuren herzustellen

 

Kunststoffabfälle sind allgegenwärtig, werden jedoch kaum recycelt. Laut den neuesten UN-Zahlen produzieren wir jährlich 400 Millionen Tonnen Kunststoff weltweit, recyceln aber nur 10 % davon. Der Rest ist Abfall. Dabei trägt Kunststoff erheblich zu den globalen CO₂-Emissionen bei – durch die Verwendung von Öl und Gas als Ausgangsstoff bis hin zur Entsorgung.

Das Forschungsteam von „FatLoop“ arbeitet daran, das Problem Plastikmüll zu lösen und gleichzeitig nachhaltige Alternativen zu entwickeln. Die innovative Idee von Dr. Manuel Häußler: Abfälle sollen in Öl erhitzt werden, um neue Eigenschaften zu aktivieren. Mit den Verbindungen aus diesen Ölen will sein Team vollständig recycelbare Materialien entwickeln, die herkömmliche Kunststoffe ersetzen könnten. „FatLoop“ ist am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung und dem Center for the Transformation of Chemistry angesiedelt und wird mit rund 2 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Häußlers Gruppe wird chemische Grundlagenforschung mit Technologietransfer kombinieren, um das Ziel der EU zu unterstützen, bis 2050 klimaneutral zu werden. Das „FatLoop“-Team glaubt an die Hebelwirkung einer Kreislaufwirtschaft – die Inspiration hinter dem „Loop“ im Namen des Projekts. Wir wollen Abfall als wertvolle Ressource nutzen, um zukunftssichere Materialien zu entwickeln, die ähnliche Eigenschaften wie herkömmliche Kunststoffe haben. Allerdings ohne deren Nachteile wie CO2-Ausstoß, Ressourcenverbrauch und Umweltverschmutzung“, erklärt Häußler. „Und wir werden unser Wissen mit Industriepartnern teilen, um eine spürbare Wirkung zu erzielen.“

Zuerst möchte das Team Abfall aus Polyethylen (PE) angehen. Polyethylen ist der am häufigsten verwendete Kunststoff und macht ein Drittel der weltweiten Produktion aus. Wir kommen täglich damit in Berührung, z. B. in Form von Einkaufstüten, Lebensmittel- und Hygieneartikelverpackungen, Kabelisolierungen und medizinischen Geräten. Aber dieselben Eigenschaften, die PE so vielseitig machen – Haltbarkeit, geringes Gewicht und Widerstandsfähigkeit gegen äußere Einflüsse – machen auch das Recycling in einem geschlossenen Kreislauf schwierig und energieintensiv.

Häußlers Team nutzt Fettsäuren aus Speiseölen, deren molekulare Struktur Polyethylen ähnlich sind, um dessen Struktur zu verändern. Im Labor werden Einwegartikel wie Lösungsmittelflaschen in diesen Fettsäuren „frittiert“, um Materialien für den 3D-Druck herzustellen. Man kann sich das wie eine dünne Plastikschnur vorstellen, die zu neuen Geräten geformt wird. Dadurch wird ein Kreislauf in Gang gesetzt, bei dem das PE im Labor verbleiben und wiederverwendet werden kann.

Das Verfahren kann an verschiedene Arten von Plastikabfällen angepasst werden. Häußler und sein Team entdeckten durch Zufall in einem Experiment, dass das „Frittieren“ von Plastikabfällen nicht nur dazu dient, sie mit Fettsäuren zu verbinden, sondern auch winzige Löcher (Nanoporen) entstehen lässt. Diese sind ideal für Filtermaterialien. „FatLoop“ plant nun Schwämme auf Polyethylen-Basis herzustellen, um Lithium aus Tiefenwasser zu gewinnen. Lithium ist ein seltenes Metall, das für die Batterieherstellung notwendig ist. Es ist in tieferen Gesteinsschichten reichlich vorhanden, allerdings in stark verdünnter Form. Die porösen Filter würden das Lithium von Salzen trennen. Dieses Vorgehen könnte Europas Abhängigkeit von Importen und die Umweltschäden, die durch den herkömmlichen Abbau entstehen, verringern. „Diese Anwendung ist ein Beispiel für die Art von Upcycling, die wir anstreben: Abfällen ein zweites Leben geben und dabei einen Mehrwert schaffen. Es ist wie Recycling mit einem Twist – gebrauchte Materialien in etwas Neues und Nützliches umzuwandeln“, erläutert der Forscher Nico Friese.

Häußlers Team arbeitet an einer Zukunft ohne herkömmliches Plastik. Sie konzentrieren sich auf Materialien, die vollständig recycelbar und aus nachhaltigen Quellen stammen. Durch die Kombination von Experimenten und Datenanalyse wollen sie die molekularen Strukturen dieser Materialien besser verstehen und deren Recyclingfähigkeit verbessern. „Es ist, als ob man ein ‚Recycling-Label‘ direkt in die Moleküle einbetten würde“, so Häußler. Das „FatLoop“-Team wird eng mit der Industrie zusammenarbeiten, um Laborergebnisse in praktische und skalierbare Prototypen zu verwandeln „Unser Ziel ist, den Lebenszyklus herkömmlicher Kunststoffe zu verbessern. „Mit Fettsäuren können wir Materialien von Anfang an so gestalten, dass sie wiederverwendet und wiederverwertet werden können“, betont er. Dies steht auch im Einklang mit den Zielen des UN-Umweltprogramms.

 

Center for the Transformation of Chemistry

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