Zuckerketten auf Bestellung

Automatisierte chemische Synthese von Kohlenhydraten jetzt noch schneller

30. August 2010

Peter Seeberger, Direktor am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, Potsdam und Professor an der FU Berlin präsentiert jüngste Forschungsergebnisse auf einem Treffen der American Chemical Society in Boston, die auch das Fachblatt Nature aufgriff.

Zucker z.B. im Kaffee oder Tee kennt jeder als Nahrungs- und Genussmittel. Zucker als Grundlage von Impfstoffen sind dagegen weit weniger bekannt. Da Zucker oder so genannte Kohlenhydrate auf den Hüllen von Krankheitserregern sitzen, bieten sie dem Immunsystem einen erheblichen Angriffspunkt. Sie eignen sich daher als Impfstoffe, um das Immunsystem auf die Mikroben abzurichten, so z.B. gegen Malaria. Während man sich die Süße im Cafe jederzeit bestellen kann, ist die Herstellung von solchen synthetisierten Zuckerketten, ein sehr kostspieliger und zeitaufwändiger Prozess. Peter Seebergers Zuckersynthesizer hingegen baut lange und sogar verzweigte Zuckerketten mit bis zu 18 Gliedern vollautomatisch und über Nacht. Mit der bislang gebräuchlichen Technik dauerte das Monate oder gar Jahre.

Bereits 2001 präsentierte Seeberger einen Prototyp, der am Massachusetts Institute of Technology entwickelt wurde. Der in den letzten Jahren technologisch verbesserte Kohlenhydrat-Syntheziser soll die Glykobiologie revolutionieren, und zwar genauso wie vor Jahrzehnten der automatische DNA- und Protein-Synthesizer die Genetik. Die neue vollautomatische Version kann sehr schnell brauchbare Mengen auch von bislang kaum zugänglichen Kohlenhydraten produzieren. Wer das neue Gerät betreiben will, muss auch kein Experte mehr in der Kohlenhydrat-Synthese sein.

„Kommerzielle Geräte wird es bereits 2011 geben. Ancora Pharmaceuticals mit Sitz in Medford, Massachusetts, wird diese im nächsten Jahr auf den Markt bringen. Bereits 90 % der identifizierten Kohlenhydrate in Säugetieren können auf diese Weise problemlos hergestellt werden. Und dies passiert gerade mal unter Zuhilfenahme von insgesamt 35 Bausteinen. Diese können nun in großen Mengen bestellt und in kurzer Zeit produziert werden“ betont Seeberger. Momentan wird der neue Syntheseautomat an der Leiden Universität (Niederlande) und der University of Alberta in Edmonton (Kanada) getestet.

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