Otto-Hahn-Medaille für Jaime Agudo-Canalejo

Im Rahmen der 68. Jahreshauptversammlung der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), die  am 21. und 22. Juni in Weimar, Jena und Erfurt stattfindet, erhält der Nachwuchswissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung die Otto-Hahn-Medaille. Er wird für seine herausragende Doktorarbeit über die Krümmungselastizität von flüssigen Membranen ausgezeichnet.

Die supramolekulare Architektur der lebenden Zelle wird zu einem erheblichen Teil von fluiden Membranen bestimmt, die aus Doppelschichten von Lipid-Membranen bestehen. Wie Wände in einer Wohnung grenzen sie die einzelnen räumlichen Bereiche der Zelle voneinander ab und trennen das Innere vom Äußeren der Zelle. Die Membranen selbst sind flüssig und extrem dünn, nur etwa einen Millionstel Millimeter. Die Membranen haben deshalb auch ungewöhnliche flüssig-elastische Eigenschaften: Sie sind sehr flexibel  und können ihre Form in vielfältiger Weise an Stimuli oder Veränderungen ihrer Umwelt anpassen. In seiner Doktorarbeit, die Jaime Agudo-Canalejo in der Abteilung von Reinhard Lipowsky anfertigte, hat er das komplexe morphologische Verhalten dieser Membranen aufgeklärt und dabei die Theorie der Krümmungselastizität weiterentwickelt.

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die Umgestaltung von Membranen ergibt sich bei der Endozytose. Das ist ein zellulärer Vorgang, bei dem Nanopartikel aus der Umgebung durch Einstülpung von kleinen Segmenten der Zellmembran aufgenommen werden. Diese Nanopartikel können natürliche Viren sein, die die Zelle infizieren oder auch synthetische Partikel, die ein Medikament transportieren und so von hoher biomedizinischer Relevanz sind. Während der Endozytose spreitet die Membran über die Partikel-Oberfläche bis das Partikel vollständig eingehüllt ist. Danach gelangt es, umgeben von  einem Membranmantel, ins Innere der Zelle. Anhand eines theoretischen Modells zur Membranelastizität, hat Agudo-Canalejo eine quantitative Beschreibung dafür erhalten, wie die Endozytose unterstützt oder behindert werden kann. Ein wichtiger Parameter ist  die Partikelgröße sowie die sogenannte spontane Krümmung, was frühere experimentelle Beobachtungen erklärt. Darüber hinaus gibt das Modell Einsichten wie der Prozess der Endozytose in großen Vesikeln nachgeahmt werden könnte. Diese Vesikel stellen künstliche biomimetische Systeme dar und liefern wichtige Module für die synthetische Biologie.

Neben der Endozytose hat der Nachwuchswissenschaftler auch andere Umbauvorgänge von Membranen untersucht wie z.B. die Bildung von Nanoröhren in Vesikeln, die asymmetrischen Umgebungen ausgesetzt sind,oder die Bildung von engen Membranhälsen in biologischen und biomimetischen Membranen. Letztere sind entscheidend für wichtige zelluläre Prozesse wie die Zellteilung oder die Autophagie.

Otto-Hahn-Medaille
Seit 1978 zeichnet die Max-Planck-Gesellschaft jedes Jahr junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für herausragende wissenschaftliche Leistungen, die sie in der Regel im Zusammenhang mit ihrer Doktorarbeit erbracht haben, mit der Otto-Hahn-Medaille aus. Diese ist mit einem Anerkennungsbetrag von 7500 Euro verbunden.

Durch die Preisverleihung sollen besonders begabte Nachwuchswissenschaftler zu einer späteren Hochschul- oder Forscherkarriere motiviert werden. Seit 1978 wurden bereits über 910 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit der Otto-Hahn-Medaille ausgezeichnet. Die Auszeichnung wird jeweils während der Hauptversammlung der Max-Planck-Gesellschaft im folgenden Jahr verliehen.

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