Symposium zur „Systembiologie“ tagt am 5. November auf dem Max-Planck-Campus in Potsdam

Das quantitative und ganzheitliche Verständnis von Lebensvorgängen mit ihren komplexen Mechanismen und ihrer einzigartigen Dynamik ist eine interdisziplinäre Herausforderung für Wissenschaftler der verschiedensten Fachrichtungen, wie Biologie, Informatik oder Physik. Im Rahmen eines Symposiums zur Systembiologie werden am 5. November in Potsdam neueste Entwicklungen vorgestellt und Perspektiven für die zukünftige Entwicklung in diesem Forschungsfeld diskutiert.

5. November 2004

In dem Symposium zur Systembiologie, das die Max-Planck-Institute für molekulare Pflanzenphysiologie und für Kolloid- und Grenzflächenforschung gemeinsam veranstalten, werden innovative Entwicklungen in acht Vorträgen vorgestellt. Im Vordergrund steht dabei das theoretische Verständnis genetischer, biochemischer und metabolischer Netzwerke, die momentan noch im Mittelpunkt systembiologischer Anstrengungen stehen. Dabei wird es um die Modellierung und Simulation spezifischer Modellsysteme und auch um ein grundlegendes Verständnis der generischen Eigenschaften biologischer Netzwerke gehen. So haben jüngste Forschungen gezeigt, dass diese trotz ihrer Komplexität durch einen hohen Grad an Robustheit gekennzeichnet sind, den es jetzt im Rahmen der Evolutionstheorie zu erklären gilt. Neben aktuellen Themen der Systembiologie stellt das Max-Planck-Symposium auch langfristige Perspektiven vor. Diese könnten zum Beispiel in der Einbeziehung struktureller Daten bestehen, die bereits an den beiden beteiligten Max-Planck-Instituten im Detail untersucht werden.

Die moderne Biologie ist gekennzeichnet durch eine Datenflut, die durch immer bessere Hochdurchsatzverfahren erzeugt wird. Ein Beispiel dafür ist die Entschlüsselung des menschlichen Genoms, die nach einem spannenden Wettlauf zwischen einem öffentlichen und einem privaten Konsortium erst kürzlich abgeschlossen werden konnte. Das jetzt vorliegende menschliche Genom besteht aus etwa 3.000.000.000 Buchstaben, die ungefähr 25.000 Genen entsprechen. Obwohl die Entschlüsselung des Genoms 50 Jahre nach der Entdeckung der Erbsubstanz DNS durch Watson und Crick eine wissenschaftliche Großtat darstellt, steht die Wissenschaft beim Verständnis des menschlichen Genoms damit in Wirklichkeit erst am Anfang. Die eigentliche Funktionalität, die aus dem dynamischen Zusammenspiel vieler verschiedener Gene, Proteine und Stoffwechselprodukte entsteht, ist bislang weitgehend unverstanden.

Je mehr Daten über biologische Systeme gesammelt werden, desto schwieriger erscheint es, die dabei sichtbar werdende Komplexität zu verstehen. Deshalb haben sich in den letzten Jahren neue Forschungsrichtungen entwickelt, wie die Bioinformatik und die Systembiologie. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, ein ganzheitliches Verständnis biologischer Systeme zu entwickeln. Hauptansatzpunkt der Systembiologie ist es, biologische Daten mit Hilfe neuartiger Konzepte und Algorithmen für quantitative Analysen und Simulationen zu nützen. Dieses Unterfangen erfordert die interdisziplinäre Zusammenarbeit von verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen wie Biologie, Informatik und Ingenieurswissenschaften. Auch die Physik hat sich in letzter Zeit verstärkt diesem Thema zugewendet, schon weil Physiker traditionellerweise oft mit der quantitativen Analyse komplexer Systeme befasst sind. Langfristig könnte die Systembiologie nicht nur Biologie und Medizin zu quantitativen Wissenschaften machen, sondern auch zu völlig neuen Produkten in Pharmakologie und Biotechnologie führen.

Das Max-Planck-Symposium zur Systembiologie findet von 9-18 Uhr im großen Hörsaal im Zentralgebäude statt und steht allen Interessenten ohne Voranmeldung offen.

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