Zwei Austellungen über Käferholz und Moore als Inspiration für neue Materialien

19. Juni 2025

Von Käfern befallenes Holz gilt meist als minderwertig, Moore werden häufig trockengelegt, um landwirtschaftliche Flächen zu gewinnen. . Zwei neue temporäre Ausstellungen von »Matters of Activity« stellen diese Annahmen infrage und laden Besucher:innen dazu ein, beides als vielseitige, lebendige Ressourcen für eine nachhaltigere Zukunft zu entdecken.
 

Symbiotic Wood

28. Juni – 21. September 2025
Vernissage: Fr., 27. Juni 2025, 18:00–22:00 Uhr
Ort: Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin
 

Nahaufnahme von gestapelten Holzbalken mit verschiedenen Maserungen und leichten Abnutzungsspuren an jedem Stück.

Blaue Verfärbung in Reststücken von Käferbefall in Fichten
©Karola Dierichs, Matters of Activity I Weißensee School of Art and Design Berlin I MPICI

Eine detaillierte Ansicht von ineinandergreifenden Holzklötzen, die jeweils zu Würfeln geformt und in einem geometrischen Muster angeordnet sind, wodurch die helle Holzmaserung zur Geltung kommt.

Topologisch ineinandergreifende Einheiten aus käferbefallenem Fichtenholz
©Pelin Asa, Matters of Activity / MPICI

Was wäre, wenn befallenes Holz nicht als beschädigt, sondern als verwandelt betrachtet würde? In »Symbiotic Wood« laden Materialforscher:innen, Architekt:innen, Designer:innen, Künstler:innen und Kulturhistoriker:innen dazu ein, Holz, das von Insekten oder Pilzen beeinflusst wurde, als „mehr-als-menschliches“ Material zu begreifen: als etwas, das von vielen Arten – nicht nur von uns – geformt und genutzt wird.

„Die Menschheit arbeitet seit jeher mit Holz und ist auf diesen Rohstoff angewiesen. Trotzdem behandeln wir ihn, als würden wir ihn besitzen und kontrollieren“, sagt Kuratorin Karola Dierichs. „Diese Ausstellung zeigt Holz als eine Ressource, die wir uns mit anderen Wesen teilen – etwa mit Käfern oder Pilzen.“

Der erste Teil der Ausstellung bietet einen wissenschaftlichen Hintergrund: Er erklärt, wie Monokulturen, Forstwirtschaft und der Klimawandel Käferbefall und Pilzbefall verstärken. Der zweite Teil ändert die Perspektive: Befall wird nicht mehr als Zerstörung verstanden, sondern Käfer und Pilze erscheinen als Co-Designerinnen einzigartiger Formen und Texturen.

Eine große Open-Air-Installation lädt die Besucher:innen ein, befallenes Holz direkt zu berühren und zu erleben. Mithilfe eines modularen Systems, das an Kistenlagerung erinnert, zeigt die Installation, wie solches Holz neu gedacht und genutzt werden kann. Beim Abschlussevent dürfen Besuchende Stücke mitnehmen und so aktiv zur Umdeutung des Materials beitragen.

 

Mitwirkende:

Pelin Asa, Karola Dierichs, Judith M. Dobler, Tarik Goetzke, Başak Günak, Florent Jouy, Nuri Kang, Rahel Kesselring, Karin Krauthausen, Anna Kubelík, Julia Rhein, Siegfried Saerberg, Robert Stock

sowie:
Humboldt-Universität zu Berlin (Exzellenzcluster Matters of Activity),
Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (Abteilung Biomaterialien),
Technische Universität Berlin (Robot Assisted Manufacturing, Structural Design),
weißensee kunsthochschule berlin (Material und Code)

Credits:
 »Symbiotic Wood« ist das 4. und letzte Kapitel der Ausstellungsreihe „More than Human“ des Kunstgewerbemuseums. Sie wurde in Zusammenarbeit mit dem Exzellenzcluster »Matters of Activity« an der Humboldt-Universität zu Berlin im Rahmen des _matter Festivals 2025 entwickelt.

Weitere Infos und das Begleitprogramm findet man hier:
matters-of-activity.de – Symbiotic Wood
smb.museum – Symbiotic Wood
more-than-human.eu

Hochauflösendes Bildmaterial steht Ihnen hier zur Verfügung

 

Swamp Things!

7. Juli – 20. Juli 2025
Vernissage: Mo, 8. Juli 2025, 18:00–20:00 Uhr
Ort: BHROX bauhaus reuse, Berlin
 

 Ein mit Seilen zusammengebundenes Bündel aus getrocknetem Gras

Detaillierte Spulenstruktur
©Janne Ebel

Eine Person in einem orangefarbenen Anzug, der eine gewebte Strohstruktur auf dem Kopf trägt

Entering BHROX
©Janne Ebel

Moore – also Niedermoore, Hochmoore, Sümpfe und Feuchtwiesen – werden oft als unbrauchbares Land entwässert. In Berlin erinnern heute noch pinke Rohre auf Baustellen an die entfernten Feuchtgebiete, die einst Platz für Stadtentwicklung schaffen mussten. Doch intakte Moore speichern doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder der Welt zusammen.

»Swamp Things!«, kuratiert von Charlett Wenig und Lucy Norris, fordert uns auf, diese Ökosysteme nicht nur zu bewahren, sondern aktiv wiederherzustellen und mit ihnen zu arbeiten.

“Das Wiedervernässen dieser vernachlässigten Landschaften ist eine entscheidende Klimastrategie“, sagt Wenig. „Doch das ist nicht alles: Die Ausstellung erforscht auch das ungenutzte Potenzial der Pflanzen, die dort wachsen.“

Die Ausstellung arbeitet mit heimischen Gräsern aus den brandenburgischen Mooren und erkundet das lebendige Potenzial von Moorpflanzen als sinnliche Materialien durch Korbflechttechniken, Open-Source-Wickelmaschinen und multimodale Workshops.

Sie sind nicht nur Biomasse – sie sind aktive Materialien, voller Textur, Stärke und Geschichte. Besucher*innen werden eingeladen, Moore als Orte der Widerstandskraft und regenerativen Kreativität zu sehen – und sich eine Zukunft mit Mooren vorzustellen, nicht trotz ihnen.

 

 

Mitwirkende:
Charlett Wenig, Lucy Norris, Janne Ebel, Swantje Furtak, Wulf Hein, Daniel Hengst, Cholena de Koningh, Evey Kwong and Jasmin Martinez

Credits:
 »Swamp Things!« ist ein Projekt von BHROX bauhaus reuse in Kooperation mit dem Exzellenzcluster »Matters of Activity« (Humboldt-Universität zu Berlin), dem Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, des Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie und der weißensee kunsthochschule berlin im Rahmen des _matter Festivals 2025.

Weitere Infos und das Begleitprogramm findet man hier:
matters-of-activity.de – Swamp Things!
bauhaus-reuse.de – _matter Festival 2025

 

Bildmaterial zur Ausstellung gibt es hier
 

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