Lipidmembran schlägt Wellen

Stabile Membranmuster im Wechselspiel von Krümmung und Domänenbildung

Biologische Membranen enthalten eine Vielzahl verschiedener Lipidmoleküle, die Inseln oder Domänen bilden können. Allerdings ist es im Allgemeinen nicht möglich, die Größe dieser Domänen zu kontrollieren, da sie sich leicht aneinanderlagern und zusammenfügen und auf diese Weise immer größer werden. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam haben jetzt in einer theoretischen Studie gezeigt, dass das Wechselspiel von Krümmung und Domänenbildung zu stabilen Membranmustern führen kann. Das erklärt experimentell beobachtete Muster von Membranen auf welligen Substraten und könnte zum Verständnis der Domänenmuster in biologischen Membranen beitragen. (Physical Review Letters, 7. März 2008).

Biologische Membranen bilden die „Haut“ von Zellen. Sie grenzen einerseits das Zellinnere von der Zellumgebung ab und gewährleisten andererseits den lebensnotwendigen Stoffaustausch. Zudem sind sie an zentralen biologischen Prozessen aktiv beteiligt, z.B. bei der Photosynthese und bei sensorischen Vorgängen, wie dem Sehen. Biologische Membranen sind elastisch und können sich in eine Vielzahl verschiedener Formen krümmen. Die Biegesteifigkeit und die elastischen Eigenschaften der Membranen hängen dabei von den verschiedenen Lipiden und Proteinen ab, aus denen die Membranen bestehen.

Obwohl sich Lipide relativ schnell durch die fluide Membran bewegen können, sind sie nicht gleichmäßig verteilt. Sie neigen zur Bildung von Domänen, die entweder viel oder wenig Cholesterin enthalten. Die cholesterinreichen Domänen sind weniger biegsam als die cholesterinarmen Domänen, was direkte Auswirkungen auf die Krümmungen der Membran hat. Die Membrankrümmungen wirken sich wiederum auf die Domänenbildung aus. Krümmung und Domänenbildung beeinflussen sich somit wechselseitig.

Führen aber auch „von außen“ verursachte Krümmungen von Membranen, z.B. durch Aufbringen der Membranen auf ein welliges Substrat (siehe Abb.), zu stabilen Domänenmustern? Bartosz Rózycki, beteiligter Wissenschaftler, bejaht diese Frage: „Besitzt das Substrat eine geometrisch strukturierte Oberfläche mit periodisch variierenden Wellen, neigen die steiferen, cholesterinreichen Domänen dazu, die stark gekrümmten Membranbereiche entlang der Höhen und Tiefen des Substrats zu meiden.“ Die Membranmuster mit einer Vielzahl kleiner cholesterinreicher Domänen sind genau dann stabil, wenn die Krümmung der Substratoberfläche einen Schwellenwert überschreitet. Unterhalb dieses Schwellenwertes bildet sich eine große cholesterinreiche Domäne, die viele Wellen und Täler des Substrats bedeckt.

Diese theoretischen Rechnungen erklären Muster, die in Experimenten bereits beobachtet wurden. Sie könnten außerdem zu verstehen helfen, wieso sich in biologischen Membranen nur kleine cholesterinreiche Domänen ausbilden, während in künstlichen, „biomimetischen“ Lipidmembranen beliebig große Domänen beobachtet werden. Im Unterschied zu künstlichen Membranen sind biologische Membranen an das Zellskelett gebunden, d.h. an ein Netzwerk von Polymeren, das die Membran aktiv krümmen kann. Diese Krümmungen könnten, neben anderen aktiven Prozessen der Zellmembran, Membranmuster mit kleinen Domänen stabilisieren.

Originalveröffentlichung:
Stable Patterns of Membrane Domains at Corrugated Substrates
Bartosz Rózycki, Thomas R. Weikl, Reinhard Lipowsky
Phys. Rev. Lett. 100, 098103 (2008)

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