Japan ruft

Max-Planck-Wissenschaftler wird erster ausländischer Direktor am renommierten National Institute for Materials Science in Tsukuba/Japan

18. Oktober 2004

Mit einem Etat von etwa 2 Millionen Euro entsteht in den nächsten drei Jahren unter Leitung von Dr. Dirk G. Kurth aus dem Potsdamer Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung eine Selbständige Forschergruppe am National Institute for Materials Science (NIMS) in Tsukuba, Japan. Damit wird erstmals ein deutscher Nachwuchswissenschaftler als Direktor an dieses Institut berufen. Gemeinsames Ziel aller Arbeitsgruppen und wissenschaftlichen Einrichtungen beider Institute ist die Entwicklung neuer, intelligenter Materialien.

Japan hat sich in den vergangenen Jahrzehnten mehr und mehr den wissenschaftlichen Herausforderungen der Zukunft geöffnet und gewährt inzwischen auch ausländischen Forschern den Zutritt zu seinen Hochtechnologieschmieden. Einen entscheidenden Anteil daran haben die stetig wachsende Vielseitigkeit wissenschaftlicher Fragestellungen sowie die Verheißungen der Nanotechnologie. Auf diese Weise werden neue, interdisziplinär und international ausgerichtete Lösungsansätze entwickelt, die über die traditionellen Ansätze natur- und ingenieurwissenschaftlicher Disziplinen weit hinausgehen.

In diese Entwicklung ist auch die 2004 ins Leben gerufene Kooperation des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPI-KG) in Potsdam und des National Institute for Materials Science (NIMS) in Tsukuba einzuordnen. Erstmals wird ein deutscher Nachwuchswissenschaftler als  Direktor am NIMS berufen. Daneben wird Dr. Dirk G. Kurth seine Arbeitsgruppe am Potsdamer Max-Planck-Institut weiterführen und auf diese Weise für einen regen Gedankenaustausch zwischen beiden Instituten sorgen.



Mit der Berufung des ersten ausländischen Direktors ans Advanced Materials Laboratory (AML) baut das NIMS seinen Bereich Chemische Materialwissenschaften aus. Ein Schwerpunkt der Forschung ist die Entwicklung intelligenter Materialien, d. h. von Materialien, deren Struktur oder Funktion gezielt verändert werden können. Die Herstellung der Materialien folgt dabei Prinzipien, wie sie auch in der Natur Anwendung finden. Ähnlich wie beim Aufbau mit Lego-Bausteinen werden molekulare Bausteine (Module) zu einer integrierten Funktionseinheit zusammengelagert. Im Unterschied zu Lego-Bausätzen entstehen diese Materialien jedoch von selbst, ohne äußeres Dazutun. Da die eingesetzten Komponenten molekulare Dimensionen aufweisen, kann man die Zielstrukturen mit höchster Präzision aufbauen.

Die Module kann man unabhängig voneinander entwickeln und herstellen, und dann als ein integriertes Ganzes, eben als Funktionseinheit oder Funktionsmaterial, zusammenfügen. Die Modularität dieses Ansatzes bietet ein Höchstmaß an Kontrolle über Struktur und Funktion des Materials und einen unübertroffenen Grad an Vielfalt, Flexibilität und synthetischer Einfachheit. Aus diesen Gründen wird dem Selbstaufbau eine große Rolle in der Verwirklichung der nächsten Generation von nanoskaligen Materialien zugeschrieben.

Tsukuba, auch Science City genannt, liegt 50 Kilometer nordöstlich von Tokio und beherbergt zahlreiche Institute und universitäre Einrichtungen. Das NIMS entstand hier 2001 aus der Zusammenlegung der Institute für Metallforschung und für Anorganische Materialien im Rahmen der wissenschaftlichen Umstrukturierung der japanischen Forschungslandschaft. Mit einem Etat von 21 Bill. Yen (160 Mill. Euro) und etwa 1.500 Beschäftigten wird hier auf allen aktuellen Bereichen der Materialforschung gearbeitet, angefangen bei Biomaterialien, Hochtemperatur- und Verbundwerkstoffen, Nanotechnologie und optischen Werkstoffen über Quantenmaterialien, Photonik und Supraleitern bis hin zu Umwelt- und Sicherheitstechnologien. Zu den Missionen des NIMS gehört neben der Grundlagenforschung die Verbreitung wissenschaftlicher Entwicklungen sowie deren marktwirtschaftlicher Umsetzung, der Austausch von Wissenschaftlern mit in- und ausländischen Instituten sowie die Ausbildung des Forschungsnachwuchses.

2003 hat das neu errichtete International Center for Young Scientists (ICYS) seine Pforten für Nachwuchswissenschaftler aus aller Welt geöffnet. Die Philosophie dieses Programms beinhaltet die finanzielle und wissenschaftliche Autonomie der jungen Forscher sowie die Zusammenführung verschiedener Fachrichtungen. So entsteht eine einzigartige international und interdisziplinär geprägte Atmosphäre für kreatives Arbeiten. Nicht selbstverständlich ist auch der Gebrauch des Englischen als Institutssprache. Neu ist auch der Studienzweig "Materials Science and Engineering" gemeinsam mit der University of Tsukuba.

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